Der Eintritt der gesetzlichen Krankenversicherung im Krankheitsfall.

75. Sendung Recht im Alltag: Der Eintritt der gesetzlichen Krankenversicherung im Krankheitsfall.

Sofern Sie Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung sind, bedeutet dieses noch nicht, dass Ihre Krankenversicherung (KK) in jedem Fall die Kosten für die Behandlung Ihrer Erkrankung übernimmt. Sie ist vor Beginn der Behandlung in jedem Fall über diese und die für sie in Frage kommende Behandlung zu informieren. Sie müssen vor Beginn der Behandlung einen entsprechenden Antrag stellen. Stellen Sie diesen erst danach, tritt die KK für diese nicht mehr ein, die Kosten zahlen sie. Die KK ist gehalten, über diesen baldmöglichst zu entscheiden, ggf. nach Einholung eines Gutachtens des medizinischen Dienstes der KK. Doch nicht jede Leistung wird übernommen.

Übernahmefähig sind alle Leistungen, die im Rahmen der gesetzlichen Regelung des 5. Buches des Sozialgesetzbuchs als übernahmefähig angesehen werden. In diesen Fällen ist die Zusage uneingeschränkt möglich. Wird die dieser Leistungsbereich gekürzt oder stellt sich eine Alternativbehandlung als effizienter und schonender dar, so steht die Kostenübernahme für diese in Frage. Sie ist sodann nur unter folgenden engen Voraussetzungen möglich.

Die betreffende Behandlung ist von der Wissenschaft bereits anerkannt und deren Zulassung durch den gemeinsamen Ausschuss der Krankenkassen, Regierung und der Ärzteschaft steht unmittelbar bevor. Sollte dieses nicht möglich sein, so muß diese Behandlung von der überwiegenden Auffassung in der Wissenschaft als übernahmefähig angesehen werden. Dieser Nachweis ist nur schwer zu führen.

Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 05.12.2005 (Nikolausentscheidung, nachzulesen über die Webseite des Bundesverfassungsgerichts) ist eine Übernahme nur möglich, sofern keine bereits anerkannte Behandlungsmethode zur Verfügung steht, ohne den Einsatz dieser Behandlung das Leben des Betroffenen unmittelbar gefährdet ist und mit einer Verbesserung des Gesundheitszustands nach der Anwendung dieser Behanldungsmethode zu rechnen ist. Nur wenn der Einsatz der bisherigen Behandlungsmethode zu einer Gefahr für Leib und Leben des Betroffenen führt, liegt eine weitere Ausnahmesituation vor. Diese Kriterien wurden von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelt und stehen im Einklang mit der obigen Eingangsentscheidung.

Sollte die Kostenübernahme bewilligt werden, so steht diese Entscheidung unter dem Vorbehalt des Wirtschaftlichskeitsgebots, nach der diese Leistungen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Damit ist gemeint, dass für jeden Betroffenen in der konkreten Krankheitssituation nur ein bestimmtes Budget zur Verfügung steht, dieses darf also nicht überschritten werden. Gemeint ist beispielsweise, dass der Betroffene vor Einführung dieses Wirtschaftlichkeitsgebots mit einem Knochenbruch sich bis zu 3 Wochen in der Klinik aufhalten konnte, nunmehr wird er nach 1 Woche entlassen, sofern dieses medizinisch vertretbar ist.

Eine weitere Einschränkung droht in Zukunft mit der Erhöhung des Krankenkassenbeitrags auf 15,5 %, der zu einem Anteil von 1,2 % von den Arbeitnehmern getragen werden soll. Die Arbeitgeberseite zahlt nur einen Anteil von 7,3 %. In Zukunft drohen alternativ noch Zusatzbeiträge, die allein von den Versicherten zu tragen sind. Zuschüsse aus Steuermitteln für die Versicherten, also Zuschüsse nach dem Vorbild von Hartz IV, werden abgelehnt. Daher tragen die Versicherten künftig nahezu allein das Risiko einer Erkrankung.

Der Weg in die private Krankenversicherung (PKV) zur Abdeckung nicht versicherter Leistungen erscheint ebenfalls nicht geeignet, bei finanziellen Engpässen eine Abhilfe zu ermöglichen. Sollte der Versicherte Hartz-IV Listungen beziehen, stehen ihm nur die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu. Die Beiräge für die PKV werden von den Arbeitsagenturen nur in Höhe der Plichtbeiträge der KK übernommen, die Beitragsdifferenzen tragen die Versicherten von dem Regelsatz. Im Falle der Leistungen auf Grundsicherung nach dem SGB XII erhalten die Versicherten ebenfalls nur die Leistungen nach dem 5. Buch des Sozialgesetzbuchs.

Krank bedeutet also nicht mehr die früher selbstverständliche Sicherheit der Absicherung im Krankheitsfall. Oft sind die Regelungen für Versicherte undurchschaubar mit der Folge, dass diese künftig immer mehr - vergleichbar dem Wellnessbereich - eigenverantwortlich zu finanzieren sind. Diese Tatsache wird derzeit noch verschwiegen, zeichnet sich jedoch in der gerichtlichen Praxis zunehmend ab.

Manfred Hanesch, verantwortlicher Redakteur.